Vollkommenheit

Vollkommenheit

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Voll|kọm|men|heit 〈a. [′——] f. 20; unz.〉 das Vollkommensein, Vollendung, Mustergültigkeit, Makellosigkeit

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Voll|kọm|men|heit ['fɔl…], die; -:
das ↑ Vollkommensein (1).

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Vollkommenheit,
 
1) allgemein: das Unübertroffensein, das Freisein von Mängeln, v. a. als Ausdruck künstlerisch-ästhetischer Wertvorstellungen (»vollkommene Schönheit«).
 
 2) katholische Theologie: Aufgrund von Matthäus 19,21, wonach die über die gebotene Pflichterfüllung hinausgehende Vollkommenheit den Verzicht auf Reichtum und die dadurch ermöglichte besondere Nachfolge Jesu fordert, entwickelte die katholische Theologie eine Theorie des »Standes der (angestrebten) Vollkommenheit«. Diesem »Stand« gehört nach katholischer Auffassung an, wer in einer kirchlich anerkannten Gemeinschaft (Orden) nach den Evangelischen Räten (Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam) lebt. Bei aller Hochschätzung (oft auch Überbewertung) dieses institutionellen Weges der Vollkommenheit betont die katholische Theologie die Möglichkeit und die Pflicht jedes Christen, über Mindestforderungen gerechten Zusammenlebens hinaus nach der Vollkommenheit, deren »Band die Liebe ist« (Kolosserbrief 3, 14), d. h. nach einem durch die vorbehaltlose Liebe zu Gott und den Nächsten bestimmten Leben, zu streben. - Die evangelische Theologie stimmt mit der katholischen in dieser Forderung überein, kann jedoch der theologischen Aussage eines besonderen (im reformatorischen Verständnis »ausgesonderten«) »Standes der Vollkommenheit« nicht folgen.
 
 3) Philosophie: ähnlich dem Begriffsfeld ideal/Ideal ein zwar erstrebenswerter, jedoch nur selten zu verwirklichender Grenzzustand, gleichsam das Ideale, das zu einem realen Vorkommnis wird (lateinisch perfectio). Bei C. Wolff, A. G. Baumgarten und I. Kant ist Vollkommenheit v. a. eine ontologische Kategorie und bezieht sich damit auf die Vollständigkeit eines Seienden als Zusammentreffen aller Bestimmungen eines Objekts zu einer geordneten Einheit, daher wörtlich »zum Vollen, zur Fülle (mögliche Anteile) kommen«. Das vollkommene Sein, d. h. das Sein, dem nichts mehr fehlt, ist das Sein in »Voll-Endung«. Eine von Anfang an absolute Vollkommenheit kann nur Gott als dem Unendlichen zugesprochen werden, während das Endliche nur eine relative Vollkommenheit auf dem Wege des Werdens und der Entwicklung erreicht. Als ethische Kategorie bezieht sich Vollkommenheit auf die Ausprägung einer sittlichen Einstellung. Die moralische Vollkommenheit besteht für Kant darin, »seine Pflicht zu tun, und zwar aus Pflicht«. Höchstes Maß der Vollkommenheit ist die Makellosigkeit.

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Voll|kọm|men|heit [auch: '- - - -], die; -: das Vollkommensein (1): Es gibt keine endgültig errungene moralische V. (R. v. Weizsäcker, Deutschland 35).

Universal-Lexikon. 2012.

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